St. Galluskirche Oberuzwil Chorwandfresko 1934

Carl Roesch beteiligte sich im November 1934 am Wettbewerb zur Ausschmückung der neuen Galluskriche in Oberuzwil. Sie war vom renommierten Schweizer Kirchenarchitekten Fritz Metzger entworfen worden. Mit seinem feinsinnigen, auf die sachliche Architektur Bezug nehmenden Entwurf überzeugte Carl Roesch die damalige Jury und setzte sich erfolgreich gegen seine Zürcher Mitbewerber Paul Bodmer und Alexandre Blanchet durch.

Die Galluskirche zählte schon kurz nach ihrer Entstehung zu den beachteten Kirchenbauten im Stil des Neuen Bauens. Auf der Landesaustellung von 1939 wurde sie als besonderes Beispiel zeitgenössischer kirchlicher Baukunst und Innenraumgestaltung einem breiten Publikum präsentiert. Auch heute noch finden die drei von Carl Roesch gestalteten Werke - das Chorwandfresko, die Glaswand und das 1936 für das Antependum gefertigte Mosaik "Christus im Grabe" grossen Anklang. Zum 75-jährigen Jubiläum der Galluspfarrei im Jahr 2010 wurde das Wandfresko in einer eigenen Ausstellung gewürdigt. Es zählt mit 15 Metern Breite und 10 Metern Höhe zu den grössten Freskogemälden in der Schweiz.

Das Konzept und die Umsetzung stellten für Carl Roesch aufgrund der strengen Architektursprache der Galluskirche aber auch wegen der Dimensionen der Chorwand eine Herausforderung dar. Roesch gelang es, den schlichten, saalartigen Innenraum mit seinem Fresko zu einem harmonischen Abschluss zu führen. Der Aufbau des Wandgemäldes und der Glaswand spiegeln die architektonische Schlichtheit des Baus wider. Roesch nahm als Grundmass der Freskokomposition den Neigungswinkel der Dachschrägen auf. Aus der Vervielfachung, Spiegelung und Parallelstellung dieses Winkels erstellte er ein rautenartiges Grundgerüst. Schachbrettartig wechselte er dunkle und helle Hintergrundpartien. Vor diesen Grund setzte er 31 Heilige in Dreier- oder Vierergruppen gebündelt und ordnetete sie symmetrisch um den im Zentrum platzierten "Thronenden Christus". Für die Darstellung der Heiligen orientierte sich Roesch an romanischen Wandmalereien, die er während seiner Aufenthalte in Italien, Graubünden, Südtirol und im Tessin eingehend studiert hatte. Die Glaswand gestaltete er aus unterschiedlich farbigen Quadraten in lockerer Anordnung.

Die dunklen Blau- und die hellen Rosatöne der Glaswand erzeugen durch den je unterschiedlichen Lichteinfall eine eigene Rhythmik und prägen die Atmosphäre des gesamten Raumes. Zusammen mit dem Wandfresko, seiner hinterlegten Rautenstruktur und der strengen Symmetrie entsteht ein lebendiger Licht- und Schattendialog. Moderne und tradierte Formensprachen verbinden sich in dieser Innenraumgestaltung zu einem kohärenten Ganzen.

(Helga Sandl / Kunsthistorikerin)