Schmiede Wiedikon Wandmosaik 1934
Die «Schmiede Wiedikon» bildet das Zentrum der früheren Gemeinde Wiedikon, dem heutigen Kreis 3 in Zürich. Die 1808 errichtete Schmiede gab der Gegend ihren Namen, die sich nach der Eingemeindung 1893 vom Dorf in ein städtisches Quartier entwickelte. 1933 wurde die alte Schmiede (Ecke Birmensdorferstrasse / Schlossgasse) abgebrochen und durch ein städtisches Wohn- und Geschäftshaus ersetzt. Für die Aussenfassade des Neubaus gestaltete Carl Roesch 1934 sein erstes grossformatiges Würfelmosaik über dem damaligen Eingang zum gleichnamigen Restaurant.
Seit 1923 experimentierte Carl Roesch mit dem Medium der «Steinmalerei» und hatte bereits zahlreiche kleinere Mosaike in seinem Atelier angefertigt. Diese Bildtechnik ermöglichte ihm eine individuelle Formulierung eines monumentalen Primitivismus.
Auf die geschichtliche Bedeutung und Situation des Hauses Bezug nehmend wählte Roesch das Motiv des Hufschmiedes. Er zeigt die Werkstatt in einer radikalen Reduktion auf drei Bildelemente: den Schmied an der Esse mit dem Blasebalg, den Bauer mit seinem zu beschlagenden Pferd und einen Pflug als Beispiel für ein typisches Produkt der Schmiede. Die einzelnen Elemente sind flächig nebeneinander angeordnet. Die Figuren stehen in Verbindung zu den ihre Tätigkeit charakterisierenden Gegenständen. Die Betonung der Bildparallelen und das Fehlen eines Bildraumes sowie die angewandte Körperperspektive, bei der die Grösse der einzelnen Figuren nicht durch ihre Position im Raum bedingt ist, verleihen den drei Akteuren - dem Schmied, dem Bauer und dem Schimmel - eine monumentale Präsenz.
Auf den ersten Blick wirken die Figuren relativ starr. Bei der Betrachtung der Details zeigt sich, dass durch die gekonnt angewandte Technik des Mosaiklegens den Motiven eine strukturelle Lebendigkeit eingezeichnet ist. Betont werden einerseits die Umrisslinien, andererseits bilden die Steinlagen eine Binnenzeichnung, die den Gewändern und Gesichtern Dynamik, Ausdruck und eine stoffliche Qualität gibt.
Carl Roesch gelang in diesem Mosaik eine Verbindung von monumentalem Flächenstil und expressiv zeichnerischer Modellierung. Durch Isolierung, grosszügige Flächenorganisation und reduzierte Formensprache übersetzte er die Einfachheit der handwerklichen Arbeit, - ihre Derbheit, Stärke und Festigkeit - in formale Elemente der Komposition. Indem er ein traditionelles Handwerk mit einer damals innovativen Bildtechnik darstellte, gelang es ihm, einen direkten Bezug zwischen der Schlichtheit und Modernität des Gebäudes und der Geschichte und vergangenen Nutzung des Ortes herzustellen. Dadurch betonte er sowohl die Spezifik des Ortes als auch die des Gebäudes.
(Text: Helga Sandl / Kunsthistorikerin)