Carl und Margrit Roesch-Stiftung

Im Zentrum der Tätigkeit stehen der Erhalt, die wissenschaftliche Aufarbeitung und die Bereitstellung des nachgelassenen Oeuvres von Margrit Roesch-Tanner und Carl Roesch.

Ferner sind Vermittlung und Lebendigerhaltung ihres Schaffens ein Betätigungsfeld, das Oeuvre soll aktiv und kontinuierlich präsent gehalten werden. Eine Auseinandersetzung mit den Persönlichkeiten der Künstler und ihrer Verflechtung in die zeitgenössische Kunst und Kultur gehören ebenso zu den Aufgaben der Stiftung.

Wie es zur Gründung der Carl und Margrit Roesch-Stiftung kam

Mein Vater Urs Roesch, der einzige Neffe von Carl Roesch, hatte von Kindheit an eine enge Beziehung zu Margrit und Carl Roesch. Das kinderlos gebliebene Ehepaar kümmerte sich sehr um die kulturelle Erziehung des einzigen Kindes von Carls Bruder, Titus Roesch. Es gelang dem Künstlerpaar auf feinfühlige Art, im jungen Urs das Interesse an Kunst und Literatur zu wecken. Über viele Jahre lang weilte Urs Roesch mit seiner Frau Dorothea jede Woche einen Abend im Atelierhaus. Der Alltag, Carls Arbeit, die Aufträge und Ausstellungen, lokale Ereignisse und Politik und nicht zuletzt die Kunst lieferten ausreichend Gesprächsstoff. Urs Roesch nahm am Schaffensprozess seines Onkels auch auf praktischer Ebene Anteil, in dem er Bilderrahmen herstellte und bei Transporten seine Hilfe anbot. Bei den Vernissagen der Ausstellungen pflegten meine Eltern den Kontakt zum Beziehungskreis des Künstlerpaars. 

Auch meine beiden Brüder und ich wurden regelmässig zu den Sonntagsbesuchen ins Atelier mitgenommen. Ich habe meinen Grossonkel als alten weisshaarigen Mann im roten Ohrsessel sitzend in Erinnerung, für meine Grosstante pflückte ich Margritensträusse.

Nach dem Tod von Margrit im Jahr 1969 befasste sich Carl vermehrt mit der Zukunft seines eigenen und des von ihm gesammelten Werkes. Er schenkte von Künstlerfreunden erworbene Bilder und Skulpturen zurück. Die Schenkung an die Stadt Diessenhofen wurde vergrössert und er bedachte das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen und das Kunstmuseum Thurgau in der Kartause Ittingen. Beim wöchentlichen Abendbesuch schnitt der Künstler des öftern die Frage an, was mit seinem Nachlass geschehen solle. Meine Eltern wussten auch keine Antwort, zudem wollten sie den Onkel nicht beeinflussen und auf keinen Fall Besitzeswünsche auf das Werk erheben. So blieb diese Frage bis zum Tod von Carl Roesch im Jahr 1979 unbeantwortet. Meine Eltern gingen davon aus, dass Carl sein Werk und seine Sammlung den Museen und der Stadt Diessenhofen vermachen würde.

Urs Roesch war deshalb höchst überrascht, dass ihn sein Onkel als Alleinerbe eingesetzt hatte. Der Neffe trat das Erbe freudig an, mit dem Wunsch, das Werk zu pflegen, zu ehren und zu bewahren. Trotz der knappen Zeit neben der Leitung der Schreinerei gab er zusammen mit seiner Frau Dorothea jedes Jahr den Carl Roesch Kalender heraus. Nach sorgfältigen Überlegungen und Abwägungen wählten meine Eltern jeweils zwölf Zeichnungen, Aquarelle oder Ölbilder aus. Der Kalender wurde an einen jedes Jahr wachsenden Kreis verschickt: Liebhaber/innen von Werken Carl Roeschs, Kunstverständige, Bekannte und Verwandte, Kundinnen und Kunden der Möbelschreinerei. Die Idee war, das Werk von Carl Roesch präsent zu halten.

Carl Roesch hielt in seinem Testament fest, das Atelier möge in seinem Urzustand bleiben. Diesen Wunsch respektierten meine Eltern. Die Staffelei mit dem soeben vollendeten Bild, die Malutensilien, die halb aufgebrauchten Farbtuben erweckten beim Betreten des Ateliers über all die Jahre den Eindruck, der Künstler sei nur eben schnell zur Türe hinaus gegangen um eine Besorgung zu erledigen. 

Nach dem Verkauf der Schreinerei im Jahr 1989 plante mein Vater, sich vermehrt der Pflege und Bekanntmachung des Werkes zu widmen. Er wollte ein Inventar erstellen, um eine Übersicht über das vielseitige Schaffen zu erlangen. Anbetracht der Tatsache, dass der Nachlass mehr als 2500 Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder sowie eine grosse Menge Tagebücher und Fotos umfasst, gab Urs Roesch das Projekt einige Jahre später schweren Herzens auf. Er hätte seinem Onkel sehr gern auf diese Weise die Referenz erwiesen und seine Dankbarkeit zum Ausdruck gebracht. Es stellte sich die Frage, wie weiter. Dorothea Roesch schlug ihrem Mann vor, eine Stiftung zur Bewahrung und Förderung des Nachlasses zu gründen. Gemeinsam entwickelten meine Eltern die Idee weiter, auch meine beiden Brüder und ich wurden miteinbezogen. Wir begrüssten den Vorschlag sehr, da auch wir weder über das Wissen noch über die Zeit verfügten, den Nachlass des Künstlerehepaares angemessen zu pflegen. Wie unsere Eltern waren wir der Ansicht, dass das Werk mehr Beachtung verdient und Interessierten zugänglich gemacht werden sollte. 

Carl Roesch war Zeit seines Lebens seiner Heimat sehr verbunden. Erfreulicherweise bot der Kanton Thurgau Hand für eine Zusammenarbeit. Am 5. Juli 2001 war es soweit: Urs Roesch gründete die Carl und Margrit Roesch-Stiftung. Leider durfte seine Frau Dorothea die Gründung nicht mehr miterleben. 

Die Stiftung überliess dem Kanton den Nachlass von Carl und Margrit Roesch unentgeltlich. Das Stiftungsvermögen wurde zu gleichen Teilen durch den Kanton Thurgau und Urs Roesch geäufnet. Das Kunstmuseum Thurgau in der Kartause Ittingen übernahm die wissenschaftliche Aufarbeitung des reichen Nachlasses. Mittlerweile ist das grosse Oeuvre in einer Datenbank sorgfältig inventarisiert. Die Erkenntnisse der Aufarbeitung fanden Niederschlag in der gelungenen Retrospektive «Eigenwillig – angepasst», welche im Jahr 2006 im Kunstmuseum Thurgau mit grossem Erfolg gezeigt wurde. Ein besonderer Dank gebührt dem Direktor des Kunstmuseums, Markus Landert, welcher die Aufarbeitung des Oeuvres tatkräftig und kompetent leitete.

2. Januar 2009 
Salome Roesch

Stiftungsrat

Präsident: Markus Landert, Direktor Kunstmuseum Thurgau, Lachenstrasse 25a, 8500 Frauenfeld

Markus Birk, Stadtpräsident, Rathaus, 8253 Diessenhofen
Monika Knill-Kradolfer, Regierungsrätin, Vorsteherin Departement für Erziehung und Kultur, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld
Beatrice Hanhart, Dorfstrasse 30, 8253 Willisdorf/TG
Andreas Rüfenacht, Kurator, Museum zu Allerheiligen, 8280 Schaffhausen
Brigitte Roesch, Lahnstieg 23, 8200 Schaffhausen
Salome Roesch, Herracherweg 59, 8610 Uster
Helga Sandl, Kulturleiterin der Jakob und Emma Windler-Stiftung, Oberstadt 3, 8260 Stein am Rhein